Trumps zweite Amtszeit:
Was Europas Mittelstand jetzt lernen und tun muss
Donald Trump ist seit dem 20. Januar 2025 erneut US-Präsident, J.D. Vance sein Vize.
Seit den ersten Tagen prägen Zölle, Energie-Deregulierung, harter Grenz-Vollzug und massiver Druck auf Europas Verteidigungsausgaben die Agenda.
Für exportorientierte KMU in Deutschland heißt das: weniger Planbarkeit, höhere Risikoaufschläge – und die Notwendigkeit, strategisch eigenständiger zu werden.
Was sich 2025 konkret geändert hat
- Zollpolitik 2.0: Die Regierung treibt „reziproke“ Zölle per Executive Orders voran und erweitert Spielräume für pauschale Aufschläge – mit Ansage gegenüber Europa und China.
- NATO & Handel als Hebel: Washington koppelt Sicherheitsforderungen an ökonomischen Druck. Wer Verteidigungsausgaben nicht anhebt, riskiert handelspolitische Gegenmaßnahmen.
- Energiepolitik: Pro-Fossil-Dekrete, Lockerung von Auflagen und ein „Energy First“-Kurs verschieben Kostenkurven – mit Folgen für CO₂-Grenzausgleich, Chemie, Stahl und Logistik in der EU.
- Migration & Compliance: härtere Vollzugsregeln, potenzielle Lieferketten-Störungen an US-Grenzen und zusätzliche Sorgfaltspflichten für US-Geschäfte.
Risiken für Europas Mittelstand
- Tarifschocks: kurzfristige Preissprünge, Margendruck und Projektstopps bei US-Geschäften.
- Regulatorische Reibung: EU-Klimapfade vs. US-Deregulierung erhöhen Komplexität (CBAM, Energiepreise, Zertifikate).
- Geopolitische Unsicherheit: Verteidigungs- und Ukrainepolitik werden zum Verhandlungschip – mit Auswirkungen auf Euro, Rohstoffe und Versicherbarkeit.
Lehren: Souveränität, Diversifikation, Kommunikation
Kernbotschaft: Wer in den USA verkauft oder US-Vorprodukte einkauft, braucht ab sofort redundante Optionen und vertragliche Absicherung. Gleichzeitig wächst der Wert eigener Daten-, Energie- und Lieferketten-Souveränität.
10-Punkte-Agenda für KMU (sofort umsetzbar)
Zoll-Stresstest: Szenarien mit +10 % / +25 % auf Schlüsselwaren kalkulieren; Preisklauseln (tariff pass-through) in Neuverträge aufnehmen.
Lieferketten dualisieren: Für jedes US-kritische Teil einen EU/EFTA-Zweitlieferanten benennen; Mindestpuffer: 90 Tage Sicherheitsbestand.
Ursprungsregeln optimieren: Stücklisten so anpassen, dass Präferenzursprung EU/Europa erreicht wird; Zolltarifnummern prüfen (Binding Tariff Information).
Standortoptionen prüfen: „Friend-shoring“ (z. B. Kanada, Mexiko, EFTA) als Brückenglied zum US-Markt; Montage-/Service-Hubs statt Vollfertigung.
Energie- und CO₂-Kosten hedgen: Strom/Gas-Tranchen beschaffen, Effizienz-Retrofits priorisieren; CBAM-Dokumentation standardisieren.
USD-Risiko managen: Rolling-Hedges (3–12 Monate), währungsneutrale Preislisten, USD-Klauseln je nach Incoterms.
Vertragswerk aktualisieren: Force-Majeure-/Change-in-Law-Klauseln, Preisanpassung, Lieferfristen mit „Regulatory Delay“ definieren.
Export-Compliance stärken: Sanktions-/Dual-Use-Screening (US & EU), End-Use-Zertifikate, Audit-Trails in ERP verankern.
Daten- und KI-Souveränität: Cloud-/KI-Stack mit EU-First-Optionen (Verschlüsselung, EU-Hosting), Datenräume für Kooperationen (Gaia-X-kompatibel) aufsetzen.
Stakeholder-Kommunikation: Proaktive Kundenbriefe zu Lieferfähigkeit & Preismechanik; Szenario-Transparenz schafft Vertrauen.
Fazit
Nicht abwarten, sondern vorbauen:
Trumps zweite Amtszeit beschleunigt die Entkopplungstendenzen.
Wer jetzt Lieferketten verdoppelt, Verträge absichert, Energie- und Daten-Souveränität stärkt und Wechselkurs- sowie Zollrisiken systematisch managt, bleibt handlungsfähig – auch wenn Politik zur Preisvariable wird.

