Die geplante Reform des Bürgergelds rückt die Jobcenter erneut ins Zentrum der politischen Debatte. Doch eine zentrale Frage bleibt bisher unbeachtet: Was passiert mit den Milliarden, die über Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheine (AVGS) an externe Vermittler und Schulungsträger vergeben werden? Wer kontrolliert, was dort geschieht – und mit welchem Erfolg?

Intransparente Auftragsvergabe: Eine strukturelle Schwachstelle

Jobcenter vergeben jedes Jahr umfangreiche Aufträge an private Träger – für Bewerbungstrainings, Coachings, Sprachkurse oder Zeitarbeitsvermittlung. Die Mittel stammen aus öffentlichen Haushalten, der Kontrolle unterliegen sie kaum. Die Erfolgskontrolle erfolgt meist nur intern und auf Basis von Eigenangaben der Träger.

Mehrfach haben der Bundesrechnungshof sowie Landesrechnungshöfe bemängelt, dass diese Praxis zu einer Verschwendung von Steuergeldern und einer „Maßnahmenindustrie“ geführt habe. Vermittlungen für wenige Wochen oder sogar fiktive Arbeitsstellen reichen aus, um Prämien zu kassieren.

Missbrauch und Verflechtung: Die politische Blindstelle

In Gesprächen mit Mitarbeitern von Landesregierungen und Praktikern vor Ort wird deutlich: Die Gefahr von Klüngel, Korruption und ineffizienter Mittelverwendung ist real. Es fehlt eine systematische Überprüfung der Auftragnehmer sowie eine <strong;öffentlich zugängliche Vergabe- und Erfolgsstatistik.

Wer bekommt wie viele AVGS-Gutscheine? Welche Träger werden bevorzugt? Welche Qualifikationen bringen sie mit? Diese Fragen müssten im Rahmen einer parlamentarischen Untersuchung geklärt werden.

Reformansätze: Kontrolle statt Absegnung

  • Einrichtung eines Transparenzregisters für Jobcenter-Vergaben
  • Externe Audit-Kommission unter Beteiligung des Bundesrechnungshofs
  • Zertifizierungspflicht für Vermittler und Bildungsträger
  • Verbot von provisionsbasierten Vermittlungen über öffentliche AVGS

Ein Thema für den Bundestag

Die Bürgergeldreform ist eine Gelegenheit, die Strukturen hinter der Arbeitsmarktverwaltung neu zu justieren. Dazu gehört auch eine parlamentarische Kommission zur Untersuchung der Vergabepraxis der Jobcenter. Wer vermittelt und mit wessen Geld – das darf kein blinder Fleck bleiben.


Quellen: Bundesrechnungshof, Landesrechnungshöfe, Bundestagsdrucksachen, Gespräche mit Fachleuten aus der Verwaltung