Wenn aus Social Media soziale Kloaken werden
Von Jürgen E. Metzger
Was als Plattform für Austausch, Nähe und Demokratie begann, ist in Teilen zur digitalen Kloake verkommen. Besonders Facebook, X (ehemals Twitter) und TikTok verrohen zunehmend zu Brutstätten von Hass, Hetze und rechter Propaganda. Die Entwicklung betrifft nicht nur die Gesellschaft – sondern auch den Mittelstand.
Vom Marktplatz zur Echokammer
Algorithmen sozialer Netzwerke bevorzugen Inhalte, die starke Emotionen auslösen – Wut, Angst, Empörung. Rechte Gruppen nutzen das systematisch: Sie bieten einfache Feindbilder, schnelle Erklärungen und schamlose Vereinfachungen. Währenddessen verlieren differenzierte Stimmen an Reichweite – oder verstummen ganz.
Plattformversagen und politische Ohnmacht
Moderation wird abgebaut, Hetze toleriert oder gar begünstigt. Unter Elon Musk ist X zur Spielwiese von Verschwörern und rechten Agitatoren geworden. Facebook betreibt nur noch kosmetische Inhaltskontrolle. TikTok unterliegt intransparenter Zensur und transportiert autoritäre Narrative – subtil, aber wirksam.
Was bedeutet das für den Mittelstand?
Für kleine und mittlere Unternehmen ist diese Entwicklung doppelt gefährlich: Einerseits drohen Reputationsrisiken, wenn man auf Plattformen aktiv ist, die für Hassinhalte bekannt sind. Andererseits fehlt es an sicheren, glaubwürdigen digitalen Räumen für Kundendialog und Markenbildung.
Handlungsoptionen für Unternehmen
- Plattformwahl überdenken: Nicht jede Reichweite ist gute Reichweite.
- Haltung zeigen: Positionierung gegen Hass – auch im eigenen Kanal.
- Eigene Kommunikationskanäle stärken: Newsletter, Website, Kundenmagazine.
- Medienkompetenz im Unternehmen fördern: Social Media braucht Strategie – nicht nur Likes.
Gesellschaftliche Verantwortung endet nicht am Werkstor
Der Mittelstand war immer Rückgrat und Wertegemeinschaft. Jetzt ist er gefragt, auch im digitalen Raum Rückgrat zu zeigen. Gegen Polarisierung. Gegen Propaganda. Für eine respektvolle Öffentlichkeit.
Wer heute schweigt, überlässt den öffentlichen Raum den Lauten und Rücksichtslosen. Und das kann sich kein demokratischer Staat – und kein seriöses Unternehmen – leisten.