Nachhaltigkeit vs Wirtschaft

Soziale Marktwirtschaft zwischen Öko-Dirigismus und Schuldenbrems-Dogma

Kommentar & Analyse

Nach „Ökotipps“ und außenpolitischen Rohstoff-Missionen einerseits und strikter Ausgabendisziplin andererseits verfestigt sich der Eindruck: Deutschland driftet von der Sozialen Marktwirtschaft weg – nicht aus bösem Willen, sondern aus ideologischer Verhärtung. Für den Mittelstand zählt aber nicht die reine Lehre, sondern Verlässlichkeit, Investitionsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit.

Worum es eigentlich geht

Die Soziale Marktwirtschaft (Erhard/Müller-Armack) ist kein Wohlfühl-Slogan, sondern ein balancierter Ordnungsrahmen: Eigentum und Wettbewerb, Haftung und Chancengerechtigkeit, Offenheit und soziale Flankierung. Gerät ein Pfeiler aus dem Lot, kippt das Gesamtgebäude.

Die doppelte Schieflage

  • Öko-Dirigismus: Klimaziele sind richtig. Aber wenn Technologiepfade verordnet, Standortkosten ignoriert und Rohstoffabhängigkeiten nur „grün“ umlabelt werden, entsteht Planungswirtschaft – mit Stau bei Genehmigungen,
    hoher Komplexität und Investitionszurückhaltung.
  • Schuldenbrems-Dogma: Fiskalische Regeln sichern Vertrauen.
    Wer sie jedoch als Selbstzweck versteht, bremst Zukunfts-Investitionen (Digital, Energie-Infrastruktur, Bildung) aus – und schwächt genau die Basis der Tragfähigkeit von Sozialstaat und Standort.

Kernfrage: Ist das noch Soziale Marktwirtschaft – oder bereits ein Mix aus grüner Planungsökonomie und neoliberaler Austerität, der beides – Ökologie und Ökonomie – gleichzeitig verfehlt?

Was der Mittelstand jetzt braucht

  • Klare Ordnungspolitik statt Mikromanagement:
    Technologieneutralität, verlässliche CO₂-Preispfade mit Rückverteilung, weniger kleinteilige Förderprogramme.
  • Investitionsklausel zur Schuldenbremse:
    Netto-Investitionen in Netze, Speicher, Digitalisierung und Bildung als eigenständige Kategorie – zeitlich befristet, unabhängig geprüft.
  • Energie- und Standortkosten senken:
    zügiger Netzausbau, marktnahe Strompreis-Komponenten, Abgaben/Entgelte auf den Prüfstand; mehr Angebot durch schnellere Kapazitäten.
  • Tempo bei Genehmigungen:
    One-Stop-Shop, verbindliche Fristen, echte Digitalisierung (Once-Only-Prinzip), Standardisierung statt Sonderwege.
  • Kapital mobilisieren:
    steuerliche Sofort-/Sonderabschreibungen, Mitarbeiterkapitalbeteiligung entfristen, EU-Kapitalmarkt vertiefen.
  • Rohstoffpartnerschaften mit ESG-Zähnen:
    Diversifizieren, Lieferfähigkeit sichern, aber rechtsstaatlich und reputationsfest – kein „grüner Kolonialismus“.
  • Fachkräfte gewinnen:
    qualifizierte Zuwanderung beschleunigen, Anerkennung vereinfachen,
    Weiterbildung steuerlich attraktiv machen.

Die Leitplanken der Sozialen Marktwirtschaft – aktualisiert

Drei einfache Sätze würden reichen, um Vertrauen zurückzuholen:

  1. Der Staat setzt Ziele und Regeln – nicht Technologien.
  2. Er investiert in öffentliches „Betriebssystem“: Netze, Bildung, Sicherheit, effiziente Verwaltung.
  3. Er schützt Wettbewerb und soziale Teilhabe – damit Innovation sich lohnt und Transformation tragfähig bleibt.

Fazit
Die Soziale Marktwirtschaft ist kein Museumsstück. Sie ist ein Versprechen: Freiheit mit Verantwortung, Wettbewerb mit Aufstiegschancen, Transformation mit Planbarkeit. Wer sie ernst nimmt, beendet Symbolpolitik – und schafft robuste Regeln, die Investitionen auslösen, statt sie zu erschweren. Nur so bleibt Deutschland ein Land, in dem der Mittelstand Zukunft baut.

Mittelstandsjournal · Kommentar