Kollaboration mit KI:
Was Mittelständler jetzt konkret tun sollten

Analyse auf Basis des Pre-Reads der IBA-Reihe „New Work Order“ · 7. Oktober 2025

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Intuitive Kollaboration: Menschliche Urteilskraft trifft KI-gestützte Wissensvernetzung. 

Der Industrieverband Büro und Arbeitswelt (IBA) legt mit dem Pre-Read zu „Kollaboration mit KI“ eine pointierte Wegskizze vor: Generative KI und autonome Agenten wandern von Einzellösungen in die Wertschöpfung. Für den Mittelstand heißt das: Prozesse, Rollen, Räume – und vor allem Führungsaufgaben – müssen neu gedacht werden. Diese Analyse destilliert die wesentlichen Befunde und übersetzt sie in einen praxistauglichen 90-Tage-Plan für KMU.

Die Kernthese: KI verändert nicht nur Tools, sondern Organisation

Laut Pre-Read verschiebt sich die Rolle der KI von der punktuellen Unterstützung zur Mitgestaltung ganzer Prozesse: Daten werden verknüpft, Entscheidungen vorbereitet, Wissenssilos geöffnet. Der Mensch bleibt dabei Impulsgeber – mit Urteilskraft, Kreativität und sozialer Resonanz als unverzichtbaren Ressourcen.

„KI verlangt Teams und Führungskräften nicht nur technisches Know-how ab, sondern fordert gerade die menschlichen Ressourcen: kritisches Hinterfragen, soziale Resonanz und kreative Kollaboration.“ – Birgit Gebhardt (Pre-Read)

Warum das für KMU jetzt relevant ist

  • Produktivitätshebel: Copilots und Agenten verkürzen Recherche-, Entwurfs- und Abstimmungszeiten.
  • Wissensmanagement: Vernetzte Datenräume ersetzen Insellösungen & E-Mail-Pingpong.
  • Fachkräfteknappheit: KI stützt kleine Teams, ohne sofort neue Stellen zu schaffen.
  • Wettbewerb: Kund:innen erwarten schneller personalisierte Services & Antworten.

Von „KI-gestützt“ zur „AI-driven Company“: Drei Reifestufen

  1. KI-gestützte Arbeitsumgebung – einzelne Tools (z. B. Text-/Bild-Assistenten) erhöhen die individuelle Produktivität.
    Signal: Erste Richtlinien, Nachschulungen, Pilot-Kanban.
  2. AI-enabled Prozesse – Teams verknüpfen Datenquellen, automatisieren Übergaben, definieren neue Rollen (Prompt-Owner, Data Steward).
    Signal: Qualitätsmetriken für KI-Outputs, Prozess-KPIs, Audit-Trail.
  3. AI-driven Company – KI ist Bestandteil von Kernprozessen, Strategie und Steuerung (z. B. Nachfrageprognosen, Service-Routinen, Co-Creation).
    Signal: Verantwortliche KI-Governance, Budgetlinien, kontinuierliches Upskilling.

Neue Rollen, klare Verantwortlichkeiten

  • Product/Process Owner KI: verankert Use-Cases im Prozess, priorisiert Backlog.
  • Data Steward: Datenqualität, Zugriffsrechte, DSGVO-Konformität.
  • Prompt-Owner / Pattern-Librarian: kuratiert Prompts, Styleguides, Output-Standards.
  • AI-Champion in Fachbereichen: Multiplikator, Quick-Wins, Coaching.
  • KI-Ethik & Compliance: Bias-Checks, Transparenz, Dokumentation.

Räume und Kultur: Vom Desk zur „Resonanzfläche“

Kollaboration mit KI braucht variabel nutzbare Räume und Rituale: Leitzentrale für Monitoring,
Innovationslabor für Prototyping, Workshop-Zonen für Co-Creation und ruhige Fokusbereiche für Deep Work.
Entscheidend ist eine Lernkultur, die Experimente zulässt und Fehler dokumentiert – nicht sanktioniert.

Risiken handhaben – bevor sie dich handhaben

  • Datenschutz & Vertraulichkeit: Klare Policies (was darf in welche KI), Pseudonymisierung, Logs.
  • Qualität & Halluzinationen: Vier-Augen-Prinzip, Quellenpflicht, Messgrößen (z. B. Rework-Rate).
  • Bias & Fairness: Testsets, Gegenbeispiele, dokumentierte Prompt-Muster.
  • Abhängigkeiten: Open-Standards/Exportpfade, Anbieter-Mix, Exit-Klauseln.

Die 90-Tage-Roadmap für KMU

0–30 Tage: Sichtbarkeit & Guardrails

  • Top-Down-Signal: „KI ist Chefsache“ – Zielbild und Leitplanken kommunizieren.
  • Inventur: Wo entstehen heute Wartezeiten, Medienbrüche, Copy-Paste?
  • Policy v1: Datenschutz, Vertraulichkeit, Quellenpflicht, Rollen.
  • Quick-Wins wählen (2–3 Use-Cases, z. B. Angebotsentwürfe, Support-Antworten, Recherche).

31–60 Tage: Piloten & Messung

  • Cross-funktionales Pilotteam mit Process Owner, Data Steward, Prompt-Owner.
  • Messgrößen festlegen: Durchlaufzeit, Fehlerquote, Kundenzufriedenheit, Rework-Rate.
  • Wissensbasis aufbauen: Prompt-Bibliothek, Styleguide, Do/Dont-Sammlung.

61–90 Tage: Skalierung & Verankerung

  • Erfolgreiche Piloten in SOPs überführen, Schulungen für angrenzende Teams.
  • Budget & Roadmap 12 Monate: Datenqualität, Automationsplattformen, Governance.
  • Kontinuierliches Lernen: monatliche Retro, KPI-Review, Policy v2.

Fazit

„Kollaboration mit KI“ bedeutet nicht, Menschen zu ersetzen, sondern menschliche Stärken gezielt zu verstärken
– durch klare Rollen, vernetzte Datenräume, lernfähige Prozesse und eine Kultur, die Experimente belohnt. Wer
jetzt mit kleinen, messbaren Schritten startet, macht sein Unternehmen schneller, belastbarer und innovativer.


Redaktion MJ Digitalisierung & Arbeitswelt
Quelle/Hinweis:
Pre-Read zur IBA-Studie „Kollaboration mit KI“,
Trendforscherin Birgit Gebhardt,
veröffentlicht am 7. Oktober 2025.
Vollstudie zur ORGATEC 2026 angekündigt.