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Digital & direkt: Bayerische × Finanzchef24 – Was bringt’s dem Mittelstand?

Ein Traditionsversicherer koppelt seine Tarifierungslogik direkt an eine InsurTech-Plattform. Versprochen werden Tempo, Transparenz und weniger Papier. Doch profitiert am Ende vor allem der Anbieter – oder auch die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)?

Kern der Kooperation – in 90 Sekunden

  • Direkte Integration: Tarifierungslogik der Bayerischen (Betriebshaftpflicht, Inhalts-, Gebäudeversicherung) fließt in die Vergleichs- und Abschlussstrecke von Finanzchef24.
  • Durchstich in die Systeme: Anträge laufen aus der Plattform unmittelbar in das Gewerbebestandssystem der Bayerischen.
  • Brand-Erlebnis bleibt erhalten: Nutzung der Plattform als technische Abwicklung – bei gleichzeitiger Sicherung von Look & Feel der Marke.
  • Zielgruppe: KMU und Selbstständige sollen schneller zu „passgenauen“ Angeboten gelangen; Vertriebspartner erhalten einen digitalen Shortcut.

Wem nützt das?

Vorteile für Anbieter

  • Skalierung: Automatisierte Tarifierung & Antragsprozesse reduzieren Abschlusskosten pro Police.
  • Datenfluss: Bessere Steuerung von Risiko- und Vertriebskennzahlen durch strukturierte Eingaben.
  • Markenführung: Eigenes UI/CI trotz Fremdplattform – geringere Kannibalisierung des Markenauftritts.

Potenzial für KMU

  • Schneller Vergleich & Abschluss: Digitale Strecken sparen Zeit im Tagesgeschäft.
  • Zugriff auf Fachlogik: Tarifierung „an der Quelle“ reduziert Medienbrüche und Erfassungsfehler.
  • Beratung optional: Kombination aus Plattform-Komfort und persönlichem Vertrieb kann Komplexität abfedern.

Kurz: Die Effizienzdividende fällt sicher bei den Anbietern an – KMU profitieren dann, wenn Transparenz und echte Marktabdeckung gewährleistet sind und Beratung nicht der Automatisierung geopfert wird.

Journalistische Einordnung

Digitale Gewerbeversicherungen sind kein Neuland – neu ist die Tiefe der technischen Verzahnung. Das kann Friktionen im Abschluss abbauen, birgt aber typische Spannungsfelder:

  • Auswahlbias: „Vergleich“ ist nur so gut wie die einbezogenen Anbieter/Tarife. Welche Gesellschaften sind mit voller Tarifierung vertreten – und wer nur mit Datenblättern?
  • Beratungsqualität: KMU-Risiken sind heterogen. Wie stellt die Strecke sicher, dass branchenspezifische Besonderheiten (z. B. Sublimits, Obliegenheiten, Klauseln) nicht untergehen?
  • Datensouveränität: Welche Antrags-/Nutzungsdaten fließen an wen, auf welcher Rechtsgrundlage – und zu welchem Zweck (Scoring, Cross-Selling)?
  • Lock-in-Risiko: Wenn Prozesse und Historien an eine Plattform gebunden sind: Gibt es Export/Wechselpfade ohne Reibungsverlust?
  • Schadenfall-Realität: Digitale Geschwindigkeit am Anfang sagt wenig über Regulierungstempo und -fairness aus. Wie sehen SLAs und Eskalationspfade aus?

Konkreter Nutzen für KMU – unter welchen Bedingungen?

  • Kosten & Deckung schlagen „nur Tempo“: Relevant ist, ob die Plattform wirklich bessere Konditionen/Deckungen zugänglich macht – nicht nur schnellere Anträge.
  • Transparente Vergleichsbasis: Sichtbar machen, wer mit welchen Klauseln im Vergleich steht; Filter für Sublimits, Selbstbehalte, Erweiterungen (z. B. Allgefahren, Elementar, Cyber-Bausteine).
  • Beratung on demand: Ein dokumentiertes Beratungsgespräch (digital/telefonisch) reduziert Falschdeklarationen – und späteren Streit über Obliegenheiten.
  • Saubere Datenräume: DSGVO-konforme Verarbeitung, klare Lösch-/Exportpfade, kein verstecktes Profiling ohne Opt-in.

Infokasten: „die Bayerische“ in Zahlen

  • Beitragseinnahmen: rund 978 Mio. €; Kapitalanlagen: >4,1 Mrd. €; ca. 1,1 Mio. Kunden; >12.000 persönliche Berater.
  • Ratings: Bonität „A (sehr gut)“ bestätigt; Nachhaltigkeitsrating „AA“.

Quelle: Unternehmensangaben und Assekurata (siehe Quellenhinweise).

Risiken & offene Fragen

  1. Marktabdeckung: Welche Versicherer werden im konkreten Segment tatsächlich verglichen? (Liste, Teilnahmequote, technische Tiefe)
  2. Preis-/Klausel-Transparenz: Sind wesentliche Leistungsausschlüsse, Sublimits und Selbstbehalte vor dem Klick auf „Abschließen“ klar visualisiert?
  3. Datenweitergabe: Welche Felder wandern an wen? Zweckbindung, Speicherdauer, Drittländer, Tracking.
  4. Wechsel- & Exit-Pfad: Export von Vertrags-/Schadenhistorien in offenen Formaten? Kosten?
  5. Schadenmanagement: Wer ist im Ernstfall primärer Ansprechpartner – Plattform, Versicherer, Makler? Reaktionszeiten/SLAs dokumentiert?

Praxis-Checkliste für KMU (vor dem Abschluss)

  • Welche drei Produkte stehen final im Vergleich – mit vollständigen Bedingungswerken (PDF) und Klausel-Diff?
  • Ist die Versicherungssumme korrekt dimensioniert (Umsatz/Branche, Zusatzgefahren, Allgefahren/Elementar)?
  • Ist der Selbstbehalt wirtschaftlich sinnvoll (Cash-Flow, Risikotragfähigkeit)?
  • Welche Obliegenheiten drohen zu Leistungsfreiheit (z. B. Sicherungen, Meldefristen)?
  • Gibt es jährliche Anpassung (Index, Umsatzkorridor) ohne Neuabschluss?
  • Wie laufen Schadenmeldung und Regulierung (digitale Kanäle, Ansprechpartner, Fristen)?
  • Wie komme ich raus (Kündigung, Portabilität der Daten, Export)?

MJ-Fazit

Die Kooperation setzt den richtigen Akzent:
weniger Papier, weniger Medienbrüche, schnellere Entscheidungen.
Für KMU ist der Deal dann ein Gewinn, wenn der digitale Komfort nicht auf Kosten echter Vergleichstiefe und Beratung geht.
Entscheidend sind klare Transparenz über Markt-/Tarifabdeckung, belastbare Datenschutzstandards und starke Schaden-SLAs.
Wo diese Punkte erfüllt sind, ist der Schritt ein Plus – andernfalls bleibt es ein Effizienzprogramm vor allem für die Anbieter.

Transparenzhinweis:
Die Redaktion unterhält keine geschäftlichen Beziehungen
zu den genannten Unternehmen.
Die Bewertung erfolgt auf Basis öffentlich zugänglicher Informationen.