Corona-Rückzahlungen und Rezession:

Was KMU tun können bei drohenden Zahlungsschwierigkeiten

Die Rückzahlung von Corona-Hilfen und KfW-Schnellkrediten stellt aktuell viele Unternehmen vor Schwierigkeiten. Die derzeitige Multi-Krise und die komplexe Finanzierungssituation vertiefen die Probleme noch. Anpassungen bei der Unternehmensfinanzierung können ein Ansatz sein. Reicht das nicht, stehen Sanierungsoptionen bereit.

Staatliche Soforthilfen sollten in der Hochphase der Corona-Pandemie dazu dienen, Firmenpleiten zu verhindern. Dazu musste die drohende Lücke in der Liquidität vom Betrieb zunächst prognostiziert und später nachgewiesen werden. Da in vielen Fällen wider Erwarten doch Einnahmen erzielt wurden, mussten diese mit der erhaltenen Förderung verrechnet werden. Deshalb stehen aktuell für zahlreiche Unternehmen Rückzahlungen an. Auch die von der KfW während der Pandemie ausgegebenen Schnellkredite überfordern durch ihre Rückführung die Finanzen vieler KMU. Wie ein Katalysator wirkt dabei die Mehrfachbelastung durch die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage: die hohe Inflation und entsprechend schwache Nachfrage, das Schrumpfen des Bruttoinlandsproduktes, die Unsicherheit angesichts der weltpolitischen Situation, der erschwerte Kapitaldienst durch die Zinsanhebungen der EZB.

KMU: prekäre Finanzlage

Laut Umfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung1 ist die Lage im Mittelstand derzeit so schlecht, wie seit dem Höhepunkt der Corona-Pandemie nicht mehr.
Fast 27 Prozent der Unternehmen melden demnach Umsatzeinbußen – sechs Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Zudem verzeichnet annähernd jeder dritte Befragte einen Rückgang bei seinen Aufträgen. Auch die Eigenkapitalsituation hat sich durch Corona und Energiekrise bei vielen kleinen und mittleren Unternehmen verschärft. So erhöhte sich laut der Creditreform-Umfrage (Quelle1) der Anteil der Firmen mit einer Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent auf mehr als 28 Prozent.
Angesichts der Konjunkturlage und der hohen Finanzierungskosten können sich viele Unternehmen Bankkredite nicht mehr leisten. Nur noch knapp 21 Prozent der Befragten hätten in den letzten Monaten ein Darlehen beantragt; über 56 Prozent würden bei fortgesetzt hohen Zinsen künftig auf einen Kreditantrag verzichten. Doch auch kreditwillige Unternehmen stehen vor Schwierigkeiten. So meldeten fast 56 Prozent eine Verschärfung der Finanzierungsbedingungen: Annähernd 97 Prozent sprachen von höheren Zinsen; rund 47 Prozent nannten strengere Anforderungen der Banken an die Sicherheiten.

Kosten senken, alternativ finanzieren

Die KfW-ifo-Kredithürde2 zeichnet ein ähnliches Bild: Demnach berichteten fast 32 Prozent der Mittelständler von restriktiven Banken in den Kreditverhandlungen. Das ist der höchste gemessene Wert seit 2017. Die anhaltenden Finanzierungssorgen der Unternehmen können in der angespannten Wirtschaftslage leicht in Zahlungsschwierigkeiten resultieren, die bis hin zur Insolvenz führen. Daher sollten Betriebe ihre Liquiditätsplanung aktuell in sehr kurzen Zeitabständen überprüfen.
Längere Zahlungsziele mit den eigenen Lieferanten zu vereinbaren, kann für eine gewisse Entspannung sorgen. Gleichzeitig sollte das Forderungsmanagement gerade jetzt stringent durchgeführt werden – werden Rechnungen zeitnah nach Leistungserfüllung gestellt und kommen Zahlungseingänge dafür fristgerecht an? Hier gilt es, dranzubleiben!
Doch auf mittel- bis langfristige Sicht muss frisches Kapital in das Unternehmen strömen. Lässt sich dies über einen Bankkredit nicht realisieren, gibt es alternative Finanzierungsansätze. Der Vorteil an diesen: Sie sind meist auf einen ganz bestimmten Bedarf hin ausgerichtet. Etwa Factoring, das sofortige Liquidität für die Finanzierung von Betriebsmitteln liefert; Finetrading, das Einkäufe vorfinanziert oder objektbasierte Kredite, zum Beispiel zur Überbrückung von Umsatzflauten. Da die Modelle meist jedoch nur in bestimmten Zusammenhängen greifen, müssen sich die Entscheider in den Unternehmen genauer mit ihnen beschäftigen und einen strategischen Finanzierungsmix entwickeln.

Tools für die frühzeitige Neuaufstellung

Es gibt auch Fälle, in denen eine reine Nutzung eines neuen Finanzierungsansatzes oder eine ausgabenseitige Verschlankung das Steuer nicht mehr herumreißen kann – etwa wenn der Kapitaldienst für die Rückführung der damaligen Corona-Kredite durch die aktuelle wirtschaftliche Situation viel zu hoch und somit unmöglich ist. Zur Abwendung einer drohenden Insolvenz kann eine außergerichtliche Restrukturierung nach StaRUG aussichtsreich sein. Mit diesem Ansatz können Unternehmen in Eigenregie einen Restrukturierungsplan entwickeln und diesen mit den Gläubigern verhandeln. Der Plan kann etwa eine Stundung oder einen teilweisen Erlass von Forderungen vorsehen. Abgestimmt wird über die Maßnahmen mit den einzelnen Gläubigergruppen nach dem Mehrheitsprinzip. Gerade für eine rein finanzwirtschaftliche Neuaufstellung kann das StaRUG ein geeignetes Werkzeug sein. Allerdings entsteht durch die Restrukturierung und die Entwicklung des (Quelle 2) entsprechenden Plans ein erheblicher Mehraufwand neben dem Tagesgeschäft. Zudem verlangt das Verfahren umfassendes Sanierungs-Know-how. Häufig macht dies das Heranziehen externer Berater nötig.
Muss die Sanierung tiefer gehen, also auch leistungswirtschaftliche Aspekte mit einbeziehen, kann ein Schutzschirmverfahren weiterhelfen. Dieses darf bei einer drohenden Insolvenz beim zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Dem Antrag ist dabei unter anderem ein unabhängiges Gutachten eines Dritten zur Sanierungsfähigkeit des Unternehmens beizulegen. Das kann beispielsweise ein Wirtschaftsprüfer, ein Steuerberater oder ein Rechtsanwalt mit Insolvenzexpertise sein. Unter dem Schutzschirm bleibt die Unternehmensführung vollständig handlungsfähig. Ihr wird lediglich ein Sachwalter zur Seite gestellt, der sie im Interesse der Gläubiger überwacht. Das Verfahren ist dazu gedacht, dass das Unternehmen eigenständig einen Insolvenzplan entwickelt, der anschließend mit den Gläubigern verhandelt wird. Dazu ist der Betrieb bis zu drei Monate vor den Vollstreckungsmaßnahmen seiner Gläubiger geschützt. Außerdem besteht ein Sonderkündigungsrecht für langfristige Verträge und die Löhne und Gehälter der Angestellten können bei Bedarf über das vorfinanzierte Insolvenzgeld gezahlt werden.


Ronny_Baar-Autor des Artikels Ronny Baar


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Quelle 1 https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/news-details/show/wirtschaftslage-und-finanzierung-im-mittelstand-herbst-2023C

Quelle 2 https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/Newsroom/Aktuelles/Pressemitteilungen-Details_782848.html