Konjunktur im Mittelstand:
Schlechtes Zeugnis für den Standort
Berlin, 28.01.2025. Die konjunkturelle Lage im Mittelstand bleibt angespannt: Im vierten Quartal 2024 wurden im kooperierenden Mittelstand mehr Stellen abgebaut als erwartet. Auch Umsätze und Erträge bleiben rückläufig. Massiv verschlechtert haben sich die politischen Rahmenbedingungen: Mehr als drei Viertel der befragten Mitglieder halten die Entscheidung für selbstständiges Unternehmertum mittlerweile für unattraktiv. Die Erwartungen an die nächste Bundesregierung sind hoch, wie die aktuelle Umfrage des MITTELSTANDSVERBUNDES zeigt.
Auch im vierten Quartal 2024 ist im kooperierenden Mittelstand kein Aufschwung erkennbar: Fast die Hälfte (47,4 %) der befragten Verbundgruppen bewertet die eigene wirtschaftliche Lage nur als befriedigend, knapp ein Viertel (23,7 %) als schlecht. Die fehlende wirtschaftliche Dynamik lässt sich auch durch die strukturellen Standortschwäche erklären: 95 % der befragten Verbundgruppen geben an, dass sich die Rahmenbedingungen für selbstständiges Unternehmertum in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert haben.
Ein Ergebnis, das direkte Auswirkung auf die Attraktivität von Selbstständigkeit und Unternehmertum hat: Zwei Drittel halten die Entscheidung für berufliche Selbstständigkeit als Unternehmerin oder Unternehmer für kaum mehr attraktiv, jede 10. Verbundgruppe sogar für „überhaupt nicht attraktiv“. Als größte Wachstumsbremse nennen die befragten Verbundgruppen dabei die hohe Bürokratielast (43,3 %). Mit etwas Abstand folgen der Arbeits- und Fachkräftemangel (18,3 %) sowie die hohe Steuer- und Abgabenlast (17,3 %).
„Wenn sogar der Mittelstand zweifelt, ob Selbstständigkeit und Unternehmertum sich noch lohnen, muss das aufrütteln. Statt Politikverdrossenheit gibt es vom Mittelstand jedoch einen immensen Vertrauensvorschuss: Mehr als die Hälfte der befragten Mitglieder zeigt sich zuversichtlich, dass die nächste Bundesregierung die Wirtschaftspolitik in den Mittelpunkt rückt. Diesem Vertrauensvorschuss müssen die Parteien jetzt gerecht werden: Wir brauchen einen echten Wirtschaftswahlkampf mit klarem Fokus auf den Mittelstand. Denn nur eine echte Mittelstandspolitik stärkt gleichzeitig das wirtschaftliche Fundament und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dafür braucht es nur ein einziges Wahlkampfversprechen: Dass die nächste Bundesregierung den Mut mitbringt, dem Mittelstand wieder mehr Freiraum und Eigenverantwortung zuzutrauen“, erklärt Dr. Henning Bergmann, Hauptgeschäftsführer DER MITTELSTANDSVERBUND.
Kein Aufschwung bei Umsätzen und Erträgen
Sowohl Umsätze als auch Erträge der Verbundgruppenzentralen gehen weiter zurück oder stagnieren: 43,6 % der befragten Mitglieder melden eine rückläufige, knapp 30 % eine gleichbleibende Umsatzentwicklung – im Vergleich zum Vorquartal zeigt dies keine Verbesserung. Zusätzlich berichtet fast die Hälfte der befragten Verbundgruppen (47,3 %) von rückläufigen Erträgen.
Eine spürbare Verbesserung erwarten die Verbundgruppen nicht: Im Geschäftsjahr 2025 erwartet jeweils ein Drittel rückläufige oder gleichbleibende Umsätze. Bei den Erträgen erwarten 30 % der Verbundgruppen eine rückläufige Entwicklung; die Hälfte der befragten Verbundgruppen kalkuliert mit gleichbleibenden Erträgen.
Unerwarteter Beschäftigungsabbau
Unerwartet ist, dass fast jede vierte Verbundgruppe (23,6 %) Personal abgebaut hat. Im Vorquartal hatten nur rund 16 % einen solchen Rückgang prognostiziert. Auch wenn die Erwartungen für das Geschäftsjahr 2025 insgesamt positiver sind, droht der mittelständische Arbeits- und Fachkräftesockel zu wanken.
In den Anschlusshäusern ist diese Entwicklung noch deutlicher zu beobachten: Wie schon im Vorquartal setzt sich der Beschäftigungsabbau auch im vierten Quartal 2024 fort. Rund 45,5 % der Anschlusshäuser haben gegenüber dem Vorquartal Personal abgebaut; nur noch jedes achte Unternehmen hat neues Personal eingestellt. Ein Umschwung ist im kommenden Jahr vorerst nicht zu erwarten.
Wachsende Investitionsunterschiede
Das Investitionsklima im kooperierenden Mittelstand bleibt kühl, im vierten Quartal aber stabil: Die Hälfte der Verbundgruppen hat auf gleichbleibendem Niveau investiert; etwa 20 % haben ihre Investitionen gesenkt. Ein Viertel der befragten Verbundgruppen konnte die Investitionen steigern. Die Investitionserwartungen für das kommende Jahr sind dabei gemischt: Zwar rechnen 36 % der befragten Verbundgruppen mit steigenden Investitionen. Gleichzeitig wächst aber der Anteil an Verbundgruppen, die mit rückläufigen Investitionen rechnen, auf 29 %.
An der Konjunkturumfrage haben sich 55 Verbundgruppenzentralen aus insgesamt 17 Branchen beteiligt – darunter waren etwa Küchen & Möbel, Konsumelektronik, Schuhe & Textil, das Bauhandwerk sowie Lebensmittel & Getränke. Die Erhebung wird regelmäßig unter den Verbundgruppen des MITTELSTANDSVERBUNDES durchgeführt, die insgesamt 230.000 mittelständische Unternehmen vertreten. Zu den befragten Einkaufs-, Marketing- und Dienstleistungskooperationen zählen beispielsweise Edeka, Rewe, Sport 2000, expert, MEGA und BÄKO.
Bildmaterial zur Konjunkturumfrage finden Sie beigefügt:
• Ergebnis Konjunkturumfrage Q4/2024: Wirtschaftliche Lage
• Ergebnis Konjunkturumfrage Q4/2024: Rahmenbedingungen für Unternehmertum
• Ergebnis Konjunkturumfrage Q4/2024: Attraktivität von Selbstständigkeit